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       Sind wir 
      Künstler Matsch? Nein. Sind wir Abklatsch? Nein. Sind wir beklatschenswert? Ja. 
      
      Man muss in der Kunst darauf kommen - ich notiere das 
      hier mal als frechen Ansatz des Herantretens - dass bei geschätzt neunzig 
      Prozent der Kunstangebote etwas angeboten wird, das fast niemand kaufen 
      würde. Umgekehrt muss man darauf beharren, dass die Kunst ihre Würde 
      behält. Sie soll nicht im Namen des Verkaufens plump sein in ihrem 
      Angebot, nicht Fußball und nicht Disney-Film, nicht Oktoberfest und nicht 
      Fernsehkomödie. 
       
      Gelegentlich und plötzlich treffe ich auf Kunst-Bild-Bände, in denen ich 
      mal jedes zehnte und manchmal sogar fast jedes Bild kaufen würde. Ab da, 
      wo jedes zehnte Kunstangebot einer Ausstellung oder jedes zehnte Bild in 
      einem Kunstbuch mich massiv anbaggern, beginnt für mich Qualität in der 
      Kunst. Und die erlebe ich eben selten - bei etwa zehn Prozent der 
      Kunstangebote, die mich heimsuchen. 
       
      Die mir zusagenden Künstler haben nicht direkt mit mir zu tun. Ihre 
      Laufstrecke unterscheidet sich erheblich von den Fährten meiner Kunst. 
      Aber sie stellen sich vor mit ihrer Machart und mit ihren Botschaften, ich 
      verstehe diese Vorstellung, und sie liefern dazu überzeugende Arbeit. 
      Dieses klare Glänzen eines Werkes bleibt selten. 
       
      Fast immer wird mir "irgendwas" präsentiert, und das mit Nachdruck: "So 
      geht Kunst. Reihe dich ein. Fabriziere Vergleichbares". Daran vorbei 
      habe ich, den mich direkt beeindruckenden Anregungen folgend, ohne 
      Einreihung, schlingernd "Kunst" gefertigt. 
       
      Zum 
      Glück bin ich ein "Rundbieger" und "Beender". Also zwar lief 
      ich in allerlei 
      Gassen der Kunst hinein - aber das tat ich nur, 
      solange da mein eigenes Feuer brannte. Zum Glück schaute ich mich nach 
      manchem Schaffens-Rausch um und sagte: "In dieser Sparte der Kunst halte 
      ich mich vorerst nicht weiter auf. Das, was von mir jetzt da ist, reicht 
      mir und reicht der Kunst und reicht der Welt." 
       
        
      "Das Monster taucht auf", S. 15 
      Zur verblüffend oft flauen "Kunst" in den 
      Angeboten der letzten zwanzig Jahre fällt mir eine Parallele ein: Dass es 
      Unmengen von Filmen gibt, und nur ein Zehntel davon "funktioniert". Also 
      die Darsteller müssen zu ihren Rollen passen, die Geschichte soll für 
      mich schlüssig sein und die Bilder stimmig. Bei fast allen Filmen 
      mittlerweile überzeugend finde ich den Film-Schnitt. Kompliment an 
      die Cutter - die können heutzutage an unserem Wahrnehmen-Sollen und 
      -Wollen entlang die Bilder montieren. 
       
      Das ist doch mal ein Auftrag an uns Künstler, an uns Autoren der Bildenden 
      Kunst: "Montiert das, was ihr zeigt, so, dass es dem Wahrnehmen-Sollen und 
      -Wollen derer, die Bildende Kunst und nicht Oktoberfest zu erleben 
      wünschen, entgegenkommt." Okay, bei mir selbst muss ich dazu drei 
      Schubladen öffnen: 1. Lege vieles beiseite, 2. Nütze manches zur Moderation, 3. 
      Serviere, was knallt. 
       
      Wenn ich ein Bild-Potpourri montiere, sollte ich im Kreis herum anbieten: 
      Ein Porträt, etwas Erotisches, ein Ding und eine Landschaft. Und beim 
      nächsten Mal wieder 
      von vorne: Porträt, Erotisches, Ding und Landschaft. Das ist eine 
      verrückte Regel der Bild-Botschaften. Ich glaube, sie funktioniert :-) 
       
      Ich fürchte, beim 
      "Erotischen" habe ich soziale Probleme. Das trifft sich gut: Ich will 
      und muss vorerst Vereinfachtes bieten. "Spar-Ausgaben" erstelle ich also 
      derzeit, 
      und wer darin blättert, darf feststellen: Das kann auch ein vierjähriges 
      Kind anschauen. Gewalt will ich sowieso nicht zeigen. Was das 
      Knistern des Geschlechtlichen zeigt, mag ich, bleibt aber vorerst draußen - obwohl es 
      bei mir vorhanden ist. 
       
      Alsdann reizt es mich, Bildbände zu bauen, die eine Geschichte erzeugen. 
      Das will nicht ein Comic sein. Aber ich will mit Bildern den Betrachter 
      von vorne nach hinten geleiten. Natürlich klappt auch der Einstieg in der 
      Mitte des Buches oder kurz vor Schluss. Diese Freiheit der Buchlektüre mag 
      ich. Da meine "Geschichte" im Buch auf der Meta-Ebene daherwispert (es 
      gibt kein Drama und für mich keine Hauptperson), mag sie manchmal von der 
      Mitte her gelesen sogar besser sein. Aber wer vorne einsteigt, fährt mit 
      mir. 
       
      "33 Träume" entstand in der Bildmontage 2021, bevor mich 2022 obige Gedanken überfielen. 
      Das Buch zeigt ein Bilder-Potpourri, das auf launische Weise schon 
      die Proportionen zwischen Porträt, Erotischem, Ding und Landschaft wahrt. 
      
        
      "Schmutz", S. 139 
      Die zwei Bildausschnitte in diesem Kommentar stammen 
      aus Fotogemälden im Buch "33 Träume"  |